Die it.schule im Halbfinale
Zwei Mannschaften – ein Team.
Die it.schule Stuttgart belegt im Vorrundenturnier des bundesweiten Wettbewerbs „Jugend trainiert für Olympia und Paralympics“ mit zwei Mannschaften die Plätze eins und zwei und schafft sensationell den Sprung ins Halbfinale auf RP-Ebene. (Ko)
Wovon träumt ein Sportlehrer, der seit 12 Jahren sein Fach mit Enthusiasmus und Leidenschaft einem nicht immer 100%ig aufgeschlossenen Klientel an einer Schule für Informations- und Medientechnik nahezubringen versucht?
Vielleicht davon, dass 25 Schüler des Informationstechnischen Gymnasiums, umgangssprachlich ITler genannt, trotz widrigster äußerer Bedingungen sportlich fair mit höchstem Einsatz bis an die Grenzen ihres Leistungsvermögens gehen und alles für ihre Schule und ihr Team geben!? Man darf ja mal träumen…
Die Realität sah bisher anders aus, denn in den vergangenen Jahren scheiterte bereits der Versuch, beim Wettbewerb „Jugend trainiert für Olympia“, der inzwischen politisch korrekt in „Jugend trainiert für Olympia und Paralympics, akronymisch: JtfOuP“ umbenannt wurde, mit Teams unserer Schule in unterschiedlichen Wettbewerben wie Basketball, Fußball, Handball oder Tischtennis teilzunehmen immer wieder an dem geringen Interesse und der zu geringen Teilnehmerzahl seitens der Schülerschaft. Und wenn dann doch einmal ein Team der it.schule antreten konnte, war für uns als krasse Außenseiter bereits in der ersten Runde Schluss. Unsere im Vergleich eher kleine Abteilung „Vollzeit“ schien einfach nicht konkurrenzfähig zu sein. Dabei sein war bisher für die ITler tatsächlich alles. Bis vergangenen Freitag.
An diesem Freitag (8.4.2022) standen sogar zwei komplette Fußballmannschaften, bestehend aus 25 Schülern des TGI, in der Vorrunde von JtfOuP im Dauerregen auf dem neuen Kunstrasen des SV Vaihingen. Eine der beiden Mannschaften bildete dabei die Jahrgangsstufe 2. Trotz der Vorbereitungen auf ihr Abitur wollten sich 14 Dreizehner diese letzte Chance, an einem bundesweiten Wettbewerb für Schulmannschaften teilnehmen zu können, nicht entgehen lassen. Um einen möglichen Ausfall von Spielern in diesem eher kleinen Kader abfangen zu können, habe ich einen Tag vor Ende der offiziellen Anmeldefrist noch eine Rundmail an alle Schüler des TGI verfasst und hatte binnen weniger Stunden 27 Anmeldungen. Was war denn hier los!!?? Um einen Teil dieser 27 spiel- und einsatzwilligen Schüler nicht wieder wegschicken zu müssen, entschloss ich mich mit etwas Bauchweh, zwei Mannschaften für ein und denselben Wettbewerb anzumelden. Das war bisher nur der Johann-Friedrich-von-Cotta-Schule in den frühen 2000er-Jahren gelungen, einer der wenigen Eliteschulen des Sports und des Fußballs in Stuttgart, als diese noch die Nachwuchskicker aus den Nachwuchsleistungszentren (NLZ) des VfB und der Stuttgarter Kickers beschulte. Umso größer waren nun meine Überraschung und Freude, dass sich eine solche Parallele an unserer Schule anzubahnen schien.
Was sich für schon in der vorbereitenden Trainingseinheit und dem Testspiel gegeneinander angedeutet hatte, setzte sich am vergangenen Freitag beim Vorrundenturnier fort: Man spürte sofort den Spaß an der Leistung und am Fußballspielen, die große Motivation und der unbedingte Wille aller Spieler, den anderen Schulen zu beweisen, dass ITler sportlich mithalten (und sogar gewinnen!!) können. Denn wo gab’s denn schon mal so etwas:
Schüler, die vor der vereinbarten Zeit zum Unterricht/Training erscheinen, die trotz 20-minütigem Lehrervortrag weder stören noch innerlich abschalten, die jede Übung und Aufgabe motiviert und ganz offensichtlich gerne ausführen und die in der Phase der „Ergebnissicherung“ zeigen, dass alle, egal mit welcher „Vorbildung“ sie in die Einheit eingestiegen sind, das „Lernziel“ erreicht haben. Lehrerherz, was willst Du mehr?!
So war es dann auch nicht verwunderlich, dass am Spieltag bereits 45 Minuten VOR(!) dem vereinbarten Treffpunkt fast alle Spieler trotz nasskaltem Wetter versammelt waren. Und ähnlich wie vor rund 68 Jahren, als ebenfalls heftiger Dauerregen – seitdem als „Fritz-Walter-Wetter“ bekannt – das Wunder von Bern begünstigte, schien auch an diesem Tag der sintflutartige Regen bei beiden Mannschaften unserer Schule eine innere Stärke wachsen zu lassen, die selbst einen vermeintlich überlegenen Gegner beeindrucken musste.
Wie selbstverständlich absolvierten beide Teams selbstständig das in der Vorbereitung vereinbarte Aufwärmprogramm, während sich ihr Teambetreuer um die Gastmannschaft kümmerte und mit deren Mannschaftsverantwortlichem den Turniermodus aushandelte. Auf Wunsch der Wilhelm-Maybach-Schule wurde folgende Spielreihenfolge vereinbart:
- Spiel: Wilhelm-Maybach-Schule – it.schule.team.2 (J2) – Endstand: 1:1
- Spiel: Wilhelm-Maybach-Schule – it.schule.team.1 (J1/EK) – Endstand: 0:4
- Spiel: it.schule.team.2 – it.schule.team1 – Endstand: 1:0
Bevor das erste Spiel vom erfahrenen WFV-Schiedsrichter Wolfgang Schumacher angepfiffen wurde, hatte ich aber doch noch Erbarmen mit meinen Schülerinnen und Schülern der Eingangsklasse E2, die ich statt Unterricht als Zuschauer und Supporter unserer Teams zum Platz beordert hatte, und entließ sie ins Wochenende, was diese frierend und durchnässt dann dankbar annahmen. Nicht ahnend, dass sie eine der denkwürdigsten (Sport-)Veranstaltungen unserer Schule seit ihrem Bestehen verpassen würden.
Das erste Spiel begann mit einem Paukenschlag. Bereits nach wenigen Minuten berührte ein Spieler der WMS den Ball im eigenen Strafraum mit der Hand und der Referee zeigte sofort auf den Elfmeterpunkt. Marco Schatz übernahm die Verantwortung und zur Freude der anwesenden Fans unserer Schule und unserer zweiten Mannschaft verwandelte er den Strafstoß ganz sicher und erzielte damit den historisch bedeutsamen, weil allerersten Treffer einer it.s Fussballmannschaft bei JtfOuP. Im weiteren Spielverlauf ergaben sich mehrere gute Chancen für das Team in orange die Führung auszubauen, diese wurden aber unkonzentriert vergeben. Und so kam es, wie es im Fußball immer wieder passiert: eine Unachtsamkeit in der Abwehr, bei der zwei Verteidiger den gegnerischen Stürmer eher begleiteten, als ihn anzugreifen, ermöglichte ihm unbedrängt den einzigen klaren Torschuss im gesamten Spiel auf unser Tor abzugeben, bei dem der sonst beschäftigungslose Janne im Tor der it.schule aber völlig machtlos war. Plötzlich stand es 1:1.
Mit dem Ausgleich ging dann leider auch etwas die Ordnung im Spiel unserer Mannschaft verloren. Vom bis dahin ruhigen Spielaufbau aus den Positionen heraus war nur noch wenig zu sehen. Das Spiel wurde unnötig hektisch und der Gegner witterte seine Chance. Nachdem sich schon früh ein Leistungsträger des Gegners schwer verletzt hatte (und anschließend zum Arzt gefahren werden musste), war die Stimmung zusätzlich aufgeheizt. Unsere Jungs ließen sich davon aber nicht aus der Ruhe bringen oder gar provozieren und so endete das erste Spiel nach 45 Minuten mehr oder weniger leistungsgerecht unentschieden, obwohl für unser Team bei dem Übergewicht an Chancen mehr drin gewesen wäre.
Besser machte es dann im Anschluss die 2. Mannschaft unserer Schule, die auf Grund von Corona und Krankheit zunächst ohne Auswechselspieler auskommen musste. Dass bei diesem Turnier nicht nur zwei Mannschaften einer Schule am Start waren, sondern „ein Team“, zeigt die Tatsache, dass sich aus der Mannschaft der J2 ein Schüler statt des orangefarbenen das himmelblaue Trikot überstreifte und gerne bei der jüngeren Mannschaft, bestehend aus Schülern der J1 und der Eingangsklassen, aushalf.
Die Jungs in hellblau begannen gut gestaffelt und lockten den schon etwas müde wirkenden Gegner aus der eigenen Hälfte, in der deren Torspieler fast wie ein Libero alter Schule die Feuerwehr hinter einer nicht ganz so sattelfesten Abwehr spielte und ein ums andere Mal außerhalb seines Strafraums klären musste. Aber durch den vom starken Regen seifig-glatt gewordenen Kunstrasen gab es immer wieder Bälle, die für ihn unberechenbar aufsprangen und vorbeirutschten. Durch zwei solcher Situationen, die von unserem Torspieler Sebastian zusammen mit den Innenverteidigern Simon und Hesham und der „Doppelsechs“ Adrian und Nathan schon früh als Erfolgsrezept erkannt wurden, gelang bereits nach 10 Minuten eine beruhigende 2:0-Führung. Der großartige Einsatz aller Spieler der Heimmannschaft sorgte zusätzlich dafür, dass kaum ein Ball auf unser Tor kam. Die wenigen Angriffe der Maybachschule waren sichere Beute von Sebastian. Je länger das Spiel andauerte, umso mehr schienen die Dominanz des vermeintlich schwächeren Teams und das frühe Aus vor Augen bei den gegnerischen Spielern erheblichen Frust zu erzeugen, denn der Schiedsrichter musste nach mehreren Ermahnungen sogar eine 5-Minuten-Zeitstrafe und einen Platzverweis gegen die WMS aussprechen.
Gegen Ende des Spiels gelangen dem its.team.1 in Überzahl noch zwei weitere Treffer zum nicht für möglich gehaltenen 4:0-Endstand. Das letzte Tor resultierte aus dem schönsten Spielzug des gesamten Turniers, an dem nahezu unsere gesamte Offensive mit Adrian, Luca, Alkin und dem überragenden Tolga als Vollstrecker beteiligt waren. Mit drei schnellen, direkten Pässen spielten sie auf der rechten Seite die gegnerische Abwehr schwindelig und Tolga ließ mit einem perfekten Schlenzer dem sonst sehr gut haltenden Torspieler des Gegners keine Chance. Mit diesem Ergebnis war klar, dass die WMS keine Chance mehr auf den Turniersieg und ein Weiterkommen hatte.
Deshalb konnte das abschließende Spiel zwischen den beiden Mannschaften der it.schule als freundschaftlich-faires Kräftemessen betrachtet werden, welche der beiden Mannschaften wohl das stärkere Team sei. Ähnlich wie im Testspiel zwei Tage zuvor war auch hier its.team.2 durch den höheren Anteil an Vereinsspielern und die längere Erholungspause nach deren Spiel eine Nasenlänge voraus und gewann nach ca. 40 Minuten Spielzeit 1:0. Die fehlenden 5 Minuten fielen dem einsetzenden Starkregen zum Opfer und hätten am Resultat ganz sicher nichts mehr geändert.
Fazit: Unsere 13er waren am Ende mit 4 Punkten Turniersieger und sind definitiv für die Endrunde qualifiziert, während die Jüngeren darauf hoffen müssen, mit 3 Punkten und einem guten Torverhältnis von 4:1 als bester Zeitplatzierter ebenfalls noch ins Halbfinale am 18. Mai einzuziehen.
Unser Dank geht zum einen an den Schiedsrichter, Herrn Schumacher, der alle drei Partien sehr umsichtig leitete. Zum anderen aber auch an die „Fans“ unserer Schule (es waren trotz fürchterlichem Wetter doch einige Schülerinnen und Schüler des TGI gekommen), die sich unter Schirmen und auf den überdachten Auswechselbänken bis zum Schluss ausharrten und sich die Augen rieben, zu was für einer tollen Leistung ihre Mitschüler auf dem Platz fähig waren.
Ich selbst kann als Betreuer beider Teams ebenfalls nur staunen und mich darüber freuen, bei diesem Turnier dabei gewesen zu sein und gesehen zu haben, mit welcher Begeisterung, Einsatzfreude und Willensstärke die ITler die Kfzler von der Wilhelm-Maybach-Schule in die Knie gezwungen haben.
Gratulation zu der tollen Leistung, Jungs!!
Nicht zu vergessen: Dem verletzten gegnerischen Spieler Nikita wünschen wir auf diesem Wege gute Besserung!
Ko